„Hörgenuss und Herzblut: Ausnahme-Abend im Baderhaus“

Otto Öllinger, Dr. Gotthard Seidl und Bettina Scholz begeistern die Zuhörer in Bischofsmais

Bischofsmais. Besucher, die sich beschweren, weil sie keinen Eintritt zahlen müssen. Zuhörer, die in der Pause ungeduldig auf die Uhr schauen, weil sie den zweiten Teil des Programms nicht erwarten können. Fans, die laut „Nein“ rufen und den Musikern fast in den Weg springen, wenn sie nach zwei Zugaben die Bühne verlassen. Wenn das bei einem Konzert passiert, haben die Musiker offenbar alles richtig gemacht – wie Otto Öllinger, Dr. Gotthard Seidl und Bettina Scholz im Bischofsmaiser Baderhaus.

Wenn sich ein Religionspädagoge und Gemeindereferent, ein Zahnarzt und eine Musiklehrerin aus dem Woid zusammentun, um gemeinsam Musik zu machen, verspricht das eine interessante Mischung zu werden. Wie spannend dieser Mix sein kann, haben Otto Öllinger, Dr. Gotthard Seidl und Bettina Scholz im vollbesetzten Dachboden des Baderhauses auf Einladung des Kulturausschusses um Franz Hollmayr bewiesen.

Über zweieinhalb Stunden lang sangen und spielen die Musiker aus Riedlhütte, Tiefenbach und Dösingerried auf. Und wäre es nach den Zuhörern gegangen, hätte das Trio wohl nochmal so lange weitermachen können. Denn die Drei sind absolute Profis, auch wenn sie nur hobbymäβig und nebenbei Musik machen. Profis, die unwahrscheinlich viel drauf haben. Profis, die mit ihren Instrumenten ebenso zu spielen wissen wie mit dem Publikum. Profis, die kein bisschen abgehoben auftreten, sondern ganz nah dran sind an den Waidlern und ihrem Leben.

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So manche Eckdaten aus dem Leben der drei Musiker lassen nicht nur die Kenner der Szene aufhorchen: Dr. Gotthard Seidl hat sich als Konzertgitarrist einen Namen gemacht. Er war beispielsweise schon als Jugendlicher Privatschüler von Professor Robert Brojer in Wien, studierte am Anton-Bruckner-Konservatorium in Linz Gitarre. Bettina Scholz studierte am Konservatorium in München Hackbrett und Akkordeon, auβerdem absolvierte sie ein Zusatzstudium an der Musikhochschule in Nürnberg. Der Liedermacher Otto Öllinger hatte unter anderem bei Sepp Eibl in München Gitarrenunterricht, lernte in Kursen von Professor Robert Brojer und anderen Gröβen und errang schon etliche renommierte Auszeichnungen. Dr. Gotthard Seidl und Otto Öllinger stehen schon seit 30 Jahren in wechselnden Besetzungen zusammen auf der Bühne. Seit vier Jahren gehört Bettina Scholz zum Team. Otto Öllinger, Dr. Gotthard Seidl, Bettina Scholz – jeder von ihnen ist ein Ausnahme-Musiker. Und zusammen bescheren „Otto Öllinger und Freunde“ ihren Zuhörern Ausnahme-Abende.

Sie geben sich mal lustig, mal nachdenklich, mal gefühlvoll. In der einen Minute begeistern die Musiker gemeinsam oder als Solisten mit Folk, Jazz, Swing und schwersten Klassikstücken, die bei ihnen doch so erfrischend leicht klingen. In der nächsten Minute summen und pfeifen sie gemeinsam mit den Zuhörern umgemodelte Schlager oder Volksmusiklieder. Bekannt sind die Drei aber vor allem durch ihre Eigenkompositionen und die von Otto Öllinger geschriebenen Texte, die er auf Bayerisch singt und spricht. In ihnen geht’s nicht um die groβe Politik oder Moralpredigten an die Gesamtgesellschaft, sondern um den Alltag des kleinen Mannes. Mit ihnen trifft Otto Öllinger genau ins Schwarze. Jeder Zuhörer findet sich wieder, irgendwo in den Gschichterln von der Lust, einfach „moi da zu sitzn“, vom Wunsch, „se mal wieder richtig zu gfrein“ oder „einfach a wenig a Bazi zu sein“.

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Otto Öllinger und Bettina Scholz

Otto Öllinger und Freunde brauchen weder Verstärker noch Spots oder Strahler, um sich in Szene zu setzen. Gitarren, Hackbrett, Akkordeon reichen ihnen völlig, um die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Wenn Dr. Gotthard Seidl seine Finger in seinen Gitarrensoli über die Saiten fliegen lässt, recken die Leute in der letzen Reihe immer wieder die Köpfe. Vom Zuhören können sie es nämlich nicht glauben, dass in dem Moment wirklich nur ein Gitarrist auf der Bühne ist. Bettina Scholz hantiert am Hackbrett so rasant mit ihren Schlägeln, dass die Zuschauer ihre Bewegungen nicht einmal annähernd mit den Augen nachvollziehen können.

„Wenn man sich wo nicht wohlfühlt, kann man nicht so spielen. Und in Bischofsmais fühlen wir uns unwahrscheinlich wohl“, lobte Otto Öllinger das Publikum – und, wie öfter im Laufe des Abends, auch seine Musikerkollegen. Bei den Dreien weiβ jeder, wie gut der andere ist – und traut sich, das auch zuzugeben. Profis, die schon viele hundert Mal auf der Bühne standen. Profis, die auch bei kleineren Auftritten wie im Baderhaus Herzblut zeigen. Profis, denen nach einem besonders schönen Stück selbst ein Lächeln übers Gesicht huscht. Profis, die sich trotz aller Erfahrung noch von Herzen über den Beifall ihrer Zuhörer freuen. Das sind Musiker, nach deren Auftritt sich die Besucher zu Recht beschweren, wenn sie keinen Eintritt zahlen müssen!

Von Susanne Kargus, 12.10.2012